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"Gebt ihr ihnen zu essen" e.V. und "IBO"

 
  
 
 
 
 

 
 
Dankeschön - Jahresbericht & Bilder 2012 -

Liebe Förderer und Freunde,

Anfang des Jahres gingen die Jungs und ich wie jedes Jahr in den Wald um das immer wieder benötigte Bauholz zu schlägern. Dies ist eine sehr zeitaufwändige, kräfte-zehrende, und gefährliche Arbeit. Mit Andre und Wolodja sind wir aber mittlerweile auch in dieser Arbeit schon ein eingespieltes Team und jeder weiß genau was er zu tun hat. Die Jungs kennen sich schon gut mit der Kettensäge und ihrer Technik aus,  Wartungsarbeiten und kleinere Reparaturen wurden und werden von den Beiden ohne Probleme selbständig durchgeführt.
Ich selbst musste mich in dieser Zeit mit der körperlich schweren Arbeit immer wieder zurückhalten, denn ich hatte starke Probleme mit der Wirbelsäule und dem linken Schultergelenk. Aus diesem Grund musste ich mich auch auf meiner Deutschlandrundreise im Februar mehr-fach intensiv behandeln lassen. In dieser Zeit machten die Jungs die Wald- bzw. Holzfällerarbeit auch ohne mich zu meiner vollsten Zufriedenheit. Nach dem Winter, der bei uns immer lange anhält haben wir im April dann zu-nächst Aufräumarbeiten am Grundstück vorgenommen und dabei sehr viele der Sträucher entfernt weil sie den giftigen Kreuzottern, die bei uns mittlerweile bereits zur Plage geworden sind, als Brutstätte dienen. Als Ergebnis dieser ziemlich radikalen Rodung hatten wir in diesem Jahr auch keine Schlangen mehr bei uns.

Ende April war es dann trocken genug, dass der LKW-Transport von Zement und Baustahl über unsere Zufahrt möglich war. Dabei erwiesen sich beide Jungs bereits tüchtig als Fahrer sowohl am Traktor als auch am LKW.

 

 

 

 

 

Als wir nun das benötigte Material auf der Baustelle hatten, setzten wir mit dem Gießen der Außenwände aus Porenbeton fort. Es ging auch alles recht flott von der Hand, da wir ja schon im Vor-jahr auch in dieser Arbeit gut zusammen-gearbeitet hatten.

 

 

Mitte Juni hatten wir fast wie alle Außen-wände bis auf Höhe der Oberkante des Erdgeschosses gegossen. Sehr zeitauf-wändig war die Herstellung der Fenster- und Türstürze, da wir dazu den Baustahl zu einem Gerippe verschweißen mussten. Mit dem Schweißen hatten die Jungs  anfangs noch Probleme. Es war zunächst mehr ein Verkleben statt Verschweißen und ich musste auch sehr darauf achten, dass sie sich nicht die Augen „verblitzen“. Nach und  nach lernten sie aber auch den richtigen Umgang mit dem Elektro-schweißgerät, so dass sie mittlerweile auch diese Arbeit ganz gerne durchführen.


Als wir dann anfingen die Innenwände aus Beton zu gießen, dachte ein jeder von uns, dass diese Arbeit sehr schnell erledigt sein würde. Bald aber bekamen wir große Augen als wir merkten, wie langsam wir damit vorankamen. Der Grund dafür war, dass wir erheblich mehr Beton mischen mussten als für die Außenwände, da dieser Beton eine höhere Dichte hat und weiters stellte es sich als „optische Täuschung“ heraus wenn wir glaubten, die Innenwände wären weniger als die Außenwände. Darüber hinaus  mussten wir öfter Pausen machen weil sich der aushärtende Beton rund um uns so stark aufheizte, dass uns das Atmen zeitweise  schwergefallen ist.

Anfang Juli bekam ich plötzlich, aus heiterem Himmel mehrmals hintereinander anonyme Anrufe am Handy mit Morddrohungen die sich kurz darauf auch auf Andre und Wolodja ausdehnten. Gott sei Dank war ich geistesgegenwärtig genug mehrere dieser Anrufe über das Handy mitzuschneiden. Damit ist es dann relativ rasch möglich gewesen die Polizei und die Staatsanwaltschaft in Rachiv einzuschalten und der Anrufer konnte schließlich identifiziert und verhaftet werden. Den Grund der Morddrohung kenne ich bis heute nicht, denn der junge Mann schweigt dazu hartnäckig. Da er aber aus dem Heimatort von Oxana stammt, das ist das junge Mädchen das letztes Jahr bei uns Zuflucht von Ihrem total aggressiven Vater gesucht hatte und die ich später in einem weiter entfernten Internat unterbringen konnte, geht meine Vermutung und auch die der Polizei und des  Staatsan-walts in Richtung Rache für unseren Einsatz für Oxana. Von den männlichen Mitgliedern des Familienclans sind angeblich schon mehr als die Hälfte ein- oder mehrmals im Gefängnis gewesen sein.

Aufgrund der Morddrohungen haben wir zu unserem eigenen Schutz die Arbeiten am Bau für beinahe 3 Wochen einstellen müssen, so dass wir erst Mitte August mit den Innenmauern fertig waren. Nun galt es noch, alle Mauern, die beim Betonieren nicht zu hundert Prozent auf eine Höhe gekommen waren mit einem gemeinsamen Mauerkranz aus Armierungsstahl und Beton so zu verbinden, dass alle Wände an allen Stellen auf der gleichen Höhe ab-schließen. Diese Nivellierung erforderte ein besonders genaues Arbeiten und stellte für uns alle eine beträchtliche Herausforderung dar, bei der die beiden Jungs viel gelernt haben.

Als letzte der mit dem Betonieren verbundenen und damit nur in frostfreien Zeiten durchführbaren Arbeiten haben wir dann noch insgesamt 20 Stück  Stahl-betonträger als Basis für die Decken-konstruktion hergestellt. Das war insofern besonders herausfordernd, weil sowohl das Verschweißen der Armierungselemente als auch das Einschalen und letztlich das Ausgießen mit Beton an ihrer endgültigen Position oben quer über den Mauern erfolgen musste und deshalb auch körperlich sehr anstrengend war.
Wenn ich auf die – hier bei uns ohnehin sehr kurze und durch die Morddrohungen noch weiter verkürzte – Bausaison mit ihren vielen unvorhersehbaren Kompli-kationen zurückschaue bin ich doch recht zufrieden mit dem, was wir erreicht haben. Die Jungs haben sich mit ihren mittlerweile vielfältigen Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen wirklich bewährt und wir könnten so dem nächsten Jahr durchaus vertrauensvoll entgegen sehen.
Leider hat sich dann noch etwas ereignet das diese Aussichten etwas trübt. Die beiden Jungs sind  – wie so manche andere hier auch – auf die unglückliche Idee verfallen, in Russland das schnelle Geld verdienen zu wollen. Die Erfahrung war eine äußerst bittere. Schon nach kurzer Zeit hatten sie kein Geld mehr um sich etwas zu essen kaufen, im Quartier hatte man ihnen als Sicherstellung für die Miete die Pässe abgenommen und Rückfahrkarte hatten sie natürlich auch keine. Sie waren dann sehr froh, dass ich ihnen – in Abstimmung mit Werner Killmeyer – den Betrag gesandt habe mit dem sie die Rückkehr finanzieren konnten. Mittlerweile haben wir eine Vereinbarung fixiert, nach der sie in einem für sie machbaren Zeitraum ihre Schuld abarbeiten wollen.
In der Zeit als die Jungs nicht vor Ort waren, hatte meine Frau Larisa einige Tage wo sie nicht arbeiten musste. Das hat uns richtig gut getan, denn wir hatten endlich wieder einmal Zeit miteinander über all das zu reden, was uns bewegt. So erzählte mir Larisa wie schlecht es ihr mit ihrer Arbeit geht, weil sie sich mit ihrer Chefin überhaupt nicht mehr versteht und es auch immer öfter passiert, dass alkoholisierte Gäste versuchen sich an sie heranzumachen. Wir waren uns einig, dass das für nur 3 Euro am Tag bei 14 Stunden Abwesenheit von zu Hause mit je 4 Kilometer Hin- und Rückweg einfach nicht mehr passt und wir dringend eine Alternative brauchen um unseren Lebensunterhalt zu finanzieren. Nach längerem Überlegen kam plötzlich die Idee ein eigenes Ladengeschäft zu eröffnen. Da es hier im Ort keinen Fleischer gibt und jeder der Fleisch braucht erst 35 km nach Rachiv fahren muss, lag die Geschäftsidee auf der Hand, noch dazu wo ich – ganz zufällig - erfahren hatte, dass an der Hauptstraße in der Nähe des Ortszentrums gerade ein ansprechendes Lokal frei werden sollte.
Ganz begeistert von dieser Idee haben wir dann in Windeseile alle Informationen zusammengeholt die nötig waren um eine realistische Kalkulation zu erstellen. Es war faszinierend zu erleben, wie rasch sich die verschiedenen Mosaiksteinchen zu einem Gesamtplan gefügt haben der uns absolut machbar erschienen ist - vorausgesetzt wir können das Startkapital dafür auftreiben.
In einem Mail an Werner Killmeyer habe ich dann unseren Plan dargelegt und - zu unserer großen Erleichterung - erklärten er und seine Frau Gudrun sich nach kurzer Bedenkzeit bereit uns das Startkapital als Darlehen aus ihrer eigenen Kasse vorzustrecken.
Sogleich machten wir uns mit Feuereifer ans Werk und konnten unseren Laden nahe dem Ortszentrum bereits am 1. November eröffnen. Der Start verlief viel besser als wir es uns erträumt hatten. Schon nach wenigen Tagen haben wir erlebt, dass die Menschen in der Früh schon vor dem Geschäft gewartet haben, dass wir endlich aufsperren. Inzwischen haben wir bereits eine kleine Räucherkammer gebaut und stellen Räucherfleisch, -schinken und –speck her. Weil auch große Nachfrage nach hausgemachter Wurst besteht haben  wir uns eine Wurstspritze angeschafft und begonnen selbst Wurst herzustellen. Mit-unter ist die Nachfrage so groß, dass wir gar nicht in der Lage sind alle Wünsche zu befriedigen.
Mittlerweile haben wir auch eine junge Frau namens Mariana als Hilfe und Vertretung für Larisa angestellt und Andre hilft mir beim Fleisch zerlegen und bei der Wurst-herstellung, so dass der Laden auch läuft, wenn Larisa und ich etwas anderes zu tun haben und nicht da sind.
Wenn auch damit zu rechnen ist, dass das Geschäft nach den Weihnachtsfeiertagen wohl etwas nachlassen wird, so ist es doch sehr wahrscheinlich, dass wir – nach Rückzahlung des Darlehens – auch aus eigener Kraft das Projekt finanziell etwas unterstützen werden können. Außerdem sehen wir die Möglichkeit, den Jugendlichen im Rahmen der Zeit die sie bei uns sein werden neben der handwerklichen bzw. hauswirtschaftlichen Ausbildung auch  eine kaufmännische Praxisausbildung zu bieten.
Wenn ich nun auf Jahr zurückschaue sehe ich – einmal mehr – mit Dankbarkeit auf all das, was uns gelungen ist. Dankbarkeit den Mitliedern des Vereins und den vielen anderen Spendern gegenüber und ganz besonders dem Herrn, der in seiner Weisheit die Dinge so fügt wie er weiß, dass es zu unserem Besten ist wenngleich ich mitunter nicht sofort erkennen kann wofür das Eine oder Andere gut ist und was ich daraus lernen soll. Jedenfalls bin ich glücklich am Wachsen Seines Werkes persönlich teilhaben zu dürfen und sehe dem kommenden Jahr 2013 mit Zuversicht entgegen .

Yasinja im Dezember 2012.

Liebe Grüße Euer Uwe

Im Namen des Vereins „Gebt ihr ihnen zu essen e.V.“ danken:
Pater Ludger Werner SM, Werner Killmeyer